Bundespräsident a.D. Horst Köhler hat Prof. Tibi in einem ausführlichen Schreiben vom 10. November 2016 (siehe unten) mitgeteilt, dass der Senat der u.a. von Bundeskanzler Helmut Schmidt gegründeten Deutschen Nationalstiftung in seiner Sitzung vom 03.11.2016 „einstimmig und mit Freude beschlossen“ hat, Prof. Tibi auf sieben Jahre angelegte Mitgliedschaft in den Senat der Deutschen Nationalstiftung zu berufen.
Prof. Tibi hat die Wahl mit einer Begründung, die noch unten zu zitieren ist, angenommen. Die Deutsche Nationalstiftung wurde 1993 unter anderem von Bundeskanzler Helmut Schmidt in Weimar gegründet. Sie ist überparteilich und will laut dem Schreiben von Bundespräsident a.D. Horst Köhler „die nationale Identität der Deutschen in einem vereinten Europa bewusst machen“. Ein solches politisches Ziel verfemen Linke heute als „Populismus“ wie dies beispielsweise bei den 44. Römerberggesprächen 2016 in Frankfurt mit dem Thema „Sehnsucht nach Grenzen. Identitätssuche in Zeiten des Populismus“ getan wurde. Eine westeuropäisch-demokratisch neu bestimmte deutsche Nationalidentität zu fördern, ist kein „Populismus“, sondern ein demokratisches Unternehmen.
Prof. Tibi empfindet es in seiner Eigenschaft als nichtethnischer deutscher Bürger der Bundesrepublik Deutschland als eine Wohltat, die zitierte Aufgabe der Stiftung mittragen zu dürfen, nämlich Deutschland eine europäisch-kompatible Identität zu vermitteln. Prof. Tibi tritt mit seinem Buch „Europa ohne Identität? Europäisierung oder Islamisierung“ für eine zivilisatorisch-inklusive Identität des Kontinents ein. Die Begründung von Prof. Tibi für die Annahme der Mitgliedschaft in der Deutschen Nationalstiftung ist folgende:
Seit der Nazibarbarei und bis heute befindet sich das demokratische und westliche Deutschland nicht nur mit der Herausforderung konfrontiert, sich und seine politische Kultur zu entnazifizieren, sondern auch die deutsche Identität neu zu definieren. Die Linken, die, wie oben angedeutet, die Diskussion über Identitätsprobleme als „Populismus“ verfemen, geben somit, wie bereits Bundeskanzler Helmut Schmidt befürchtete, den rechten Deutschnationalen unbewusst die Gelegenheit, die Identitätsproblematik zu usurpieren und sie in ihrem Sinne zu bestimmen. Im Geiste von Helmut Schmidt bekennt sich Prof. Tibi zum entgegengesetzten Projekt einer europäisch geprägten deutschen Identität im Sinne von demokratischer Citoyenneté. Auf dieser Basis empfindet sich Prof. Tibi als ein nichtethnischer Wahldeutscher als deutscher Bürger. Um diese Haltung international zu begründen, wird im Folgenden ein Urteil über Prof. Tibi durch eine Weltautorität, nämlich Francis Fukuyama, angeführt. Dieser amerikanische Gelehrte hat in seiner Lipset-Lecture unter dem Titel „Identity, Immigration and Liberal Democracy“ (erschienen in der Zeitschrift Journal of Democracy, April-Heft 2006, S. 5-20) auf Seite 17 folgendes Urteil über Tibi gefällt: „The term ‚Leitkultur‘ (a term that can be translated as a guiding or reference culture) was invented by Bassam Tibi, a Syrian academic living in Germany, precisely as a non-ethnic, universalist conception of citizenship that would open up national identity to non-ethnic Germans“, d.h. als Integrationskonzept. Fukuyama fast zusammen: “Tibi’s original notion was exactly on the mark and it´s short shelf-life only serves to indicate how big an obstacle political correctness is to open discussion of national identity.” Fukuyama ist also alles andere als ein Populist, aber bei den 44. Frankfurter Römerberggesprächen wäre er als ein solcher verdächtigt worden, eben weil er den Begriff Identität positiv verwendet. Fukuyama hat Tibis Buch richtig gelesen und er versteht sein Anliegen, sich identitätsmäßig als nichtethnisch deutscher Citoyen aus Damaskus, d.h. mit syrisch-muslimischen Wurzeln zu definieren. Wer die nichtethnische Bestimmung der deutschen Identität durch eine Verbindung mit Populismus in Verruf bringt, argumentiert nicht nur dumm, sondern schadet der Demokratie in Deutschland. Prof. Tibi denkt, dass er sein oben zitiertes Anliegen bestens in der Deutschen Nationalstiftung für deutsche Identität verfolgen kann und nimmt deshalb die ehrenvolle Wahl an.
Das Schreiben des Bundespräsidenten a.D. Horst Köhler an Prof. Tibi vom 10. November 2016, durch das die Berufung in die Deutsche Nationalstiftung erfolgt ist, steht unten zum Download bereit.