In einem in der Süddeutschen Zeitung am 9. August 2016 erschienenen zentralen Artikel setzt sich Bassam Tibi vehement und kritisch mit der deutschen Islamwissenschaft in ihrem Pendeln in der altbekannten deutschen Art zwischen den Extremen auseinander: vom Rassismus zum politisch korrekten Gutmenschentum. Diese deutschen Extreme werden in den islamischen Menschen als homo islamicus projiziert. Tibi zitiert den Begründer der deutschen Islamwissenschaft Carl Heinrich Becker, der den homo islamicus „rassenpsychologisch“ definiert. Heute, unter dem Druck der Orientalismuskritik von Edward Said, gehen deutsche Islamwissenschaftler in das Gegenextrem über. Tibi setzt sich mit den Interpretationen von Frank Griffel und Thomas Bauer kritisch auseinander. Hiernach wird der homo islamicus als Träger einer Kultur der Ambiguität neu definiert. Unter Ambiguität verstehen beide, dass der homo islamicus eine freie Wahl bei der Entscheidung Mann oder Frau für die Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse habe. Der homo islamicus wird auch eben wegen dieser Ambiguität als freier Mensch dargestellt. Tibi entlarvt die falschen Behauptungen von Griffel und Bauer, dass es im Islam weder Philosophenverfolgung noch Ketzerprozesse gegeben habe. Für Tibi ist das eine Lüge und Geschichtsfälschung. Gegen die deutsche Islamwissenschaft hebt Tibi den islamischen Rationalisten Averroes/ Ibn Ruschd hervor, der vor Kant das Primat der Vernunft erkannt hat. Tibi zieht eine Linie der islamischen Aufklärung von Ibn Ruschd im Mittelalter bis zu dem 2010 verstorbenen marokkansichen Philosophen Mohammed Abed al-Jabri. Tibi ordnet sein Leben und sein Werk in diese Tradition islamischer Aufklärung ein.
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